Ich hatte viele Jahre ein Süßwasseraquarium. Als eine eingeschleppte Krankheit innerhalb von 4 Tagen alle meine Fische elend dahin raffte, entschloß ich mich umzusatteln.
Wer betrachtet nicht gern Meerwasseraquarien in einem Zoo und so etwas wollte ich auch!
Nach ausgiebigen Recherchen im Internet hatte ich meine Zweifel, ob ich so etwas Kompliziertes wohl hinbekommen würde und ob ich mir das Ganze leisten könnte.
Einfache Antwort – ja kann ich und kann bei Interesse jeder. Und so kompliziert muss man es sich nicht machen, wenn nicht zum Ziel steht ein Steinkorallenzüchter werden zu wollen.
Ich behielt nach einer gründlichen Reinigung mein 120 l Juwel Panorama 80 (Kombi mit Unterschrank) Aquarium (80 x 40 x 40 cm), bestellte im Internet Korallensplit als Bodengrund, ein Packet mit 4 kg Meersalz (ausreichend für 120 l Wasser) und kaufte ein einfaches Meßgerät zum Messen des Salzgehaltes (Salinität) im Wasser.
In der Zwischenzeit messe ich die Salinität mit einem anderen Dichtemesser (einer Glasspindel) .
Werte : Wasserhärte 8 KdH , ph-Wert 8,0 , Salinität 1,23, Temperatur 26-28 Grad Celsius
Später verwendete ich ausschließlich ein Aräometer (Spindel) zusammen mit einem Messzylinder. Funktioniert bestens, ist einfach zu handhaben, preiswert und für meine Zwecke vollkommen ausreichend.
Über die Zusammenhänge zwischen Dichte und Temperatur muss man sich natürlich informieren. Das gehört als Basiswissen dazu. Es gibt im Internet kleine Programme zum herunterladen, in die man nur noch die gewünschte Dichte, die Wassertemperatur und die Wassermenge eingeben muss. Die kleinen Rechenhilfen ermitteln die benötigte Salzmenge. Salz anrühren und messen, sowie eventuell korrigieren, bleibt Euch aber leider trotzdem nicht erspart.
Und los ging es. Korallensplit waschen und ab ins Aquarium. Dann mischte ich Leitungswasser (einfaches Leitungswasser ist nicht bei jedem geeignet, sicherer ist Osmosewasser) nach Vorschrift mit dem Meersalz und rein damit ins Aquarium. Mein Aquaristik-Händler gab mir noch 10 Liter eingefahrenes Wasser aus seiner Anlage, um die Beckenbiologie mit Mikroorganismen anzuimpfen. Eingefahrenes Wasser bedeutet einfach Wasser aus einem anderen Aquarium.
Ich ließ das Ganze ca. 4 Wochen stehen, beleuchtete mit meinen alten T8-Lampen (später habe ich auf T5 Leuchtstoffröhren bzw. letztlich auf LED umgesattelt) und nutzte eine einfache Pumpe. Später kamen zusätzlich eine Nanostream-Strömungspumpe und ein Oberflächenabsauger hinzu.
Ich kaufte lebende und tote Steine. – Jeder, dem ich das erzählt habe , fragte was soll das denn sein? Also kurz : lebende Steine wurden aus dem Meer geholt, alternativ auch aus einem bestehenden Becken und sind mit allerlei Algen und Mikroorganismen besiedelt. Man erkennt sie auf dem Foto an ihrer rotbraunen Farbe (Kalkrotalgen).
Ein Hinweis : Die Steine sollten auf jeden Fall sehr löchrig und porös, relativ leicht und nicht so massiv sein! In den Löchern können sich viele Tiere, Algen und Würmer ansiedeln. Sie bieten Schutz und Unterschlupf. Auf ihnen lassen sich später auch besser Korallen befestigen, als auf sehr glatten, nicht porösen Steinen.
Mein Aquarium durchlief alle Stufen der sogenannten Einfahrphase/Startphase (sehr nervig und etappenweise depremierend). Dazu gibt es viele Ausführungen im Internet, die jeder vorher lesen sollte, um zu wissen, was normal ist und was nicht! Heutzutage wird statt Einfahrphase auch der Begriff Startphase verwendet, die auch nicht mehr so lang dauert muss. Da ich mich ausgiebig darüber informiert hatte, musste ich nun an meiner Geduld arbeiten.
Totes Gestein ist wie der Name schon sagt – tot. Auf ihnen lebt nichts. Tote Steine wurden trocken gelagert und es dauert eine ganze Weile bis überhaupt etwas auf ihnen wächst und sich ansiedelt. Man erkennt sie auf dem Foto oben an der hellen Farbe.
Ich empfehle ausschließlich lebendes Gestein, auch wenn es deutlich teurer ist und Livesand statt Korallensplit. Die Einfahrphase geht schneller, das Ganze ist viel interessanter und sieht nach meiner Meinung einfach schöner aus. Die lebenden Steine aus dem Meer enthalten viel mehr Organismen, als Steine aus einem bereits eingefahrenen (bestehenden) Aquarium. Da die Preise für lebende Steine aus dem Meer aktuell drastisch gestiegen sind, kann man alternativ auch die aus einem bereits gut funktionierenden Becken verwenden.
Von Riff-Keramik halte ich persönlich nichts. Aber das muss jeder selbst für sich entscheiden. Es gibt nicht den einen richtigen Weg in der Meerwasseraquaristik, sondern zahlreiche ganz unterschiedliche sehr gut funktionierende.
Laßt Euch überraschen, was alles aus den lebenden Steinen heraus kommt bzw. was auf ihnen nach und nach wächst! Im Internet spricht man oft von einer „Wundertüte“ und das auch wirklich so.
Die Zeit des Entdeckens möchte ich nicht missen. Ich „klebte“ jeden Tag vor der Scheibe, drückte mir die Nase platt und entdeckte sehr viel Neues. Habe mich super gefreut, wenn ich die Tierchen identifizieren konnte. Dabei habe ich sehr viel Neues gelernt.
Enttäuscht war ich, als ich erkennen mußte, dass meine erste selbst entdeckte Anemone eine Glasrose war. Da Glasrosen als Schädlinge gelten, war sie nicht lange in meinem Aquarium. Wie man sie wieder los wird, könnt ihr in einem separaten „Glasrosen“-Beitrag auf meinem Blog lesen.
Nach 2 Monaten kaufte ich den dekorativen Mittelstelstein mit grünen Scheibenanemonen (Discosoma) und einer sich später toll entwickelnden Fingerlederkoralle (Lobophytum), sowie einer blauen Koralle (außen braun,innen blau).
Der Händler war sich noch nicht schlüssig, ob die Anschaffung der großen Weichkoralle und Blauen Koralle nicht vielleicht zu früh für mich bzw. den Zustand meines Aquariums wären. Weil ich den Stein aber unbedingt haben wollte , einigten wir uns, dass ich bei ersten Negativmerkmalen alles sofort zurückbringen kann. Das war zum Glück nicht nötig!
Die Tiere auf dem dekorativen Mittelstein sind später noch viel schöner geworden und gewachsen, haben sich super entwickelt. Diesen Stein hatte ich solange ich das 120 l Aquarium besaß, als zentralen Mittelpunkt unverändert belassen.
Eine Sache ist anders gelaufen, als ich mir das vorgestellt habe. Die Süßwasser-Rückwand (also das Außenposter) wollte ich eigentlich vor Einrichtung des Meerwasseraquariums entfernen. Ein erfahrener Aquarianer meinte, dass das nicht notwendig sei. Kalkrotalgen würden meine Rückwand überwachsen und vom Poster sei bald nichts mehr zu sehen. Ich halte jedoch einen Pfaffenhut-Seeigel, der Kalkrotalgen zum Fressen gern hat und Scheibenputzen toll findet. Das Poster ist leider deshalb nach wie vor zu sehen. Entfernen ist nicht möglich, weil das Aquarium zu nahe an der Wand steht. Es war also nicht mehr zu ändern und ich musste mit diesem „Mangel“ leben. Wenn alle Korallen weit geöffnet sind, sieht man zum Glück fast nichts mehr vom unpassenden Inhalt des Süßwasser-Posters.
Nachteil eines Aquariums mit Abdeckung :
Mein Juwel Aquarium hat eine Abdeckung. Es ist bekannt, dass Abdeckungen besonders in den Sommermonaten zu einem möglichen Wärmestau und in dessen Folge zu einer Erhöhung der Wassertemperatur führen können. Das kann und muss ich leider bestätigen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Wassertemperatur in Grenzen zu halten, Einbau von Lüftern, Verdunklung der Fenster oder Teilwasserwechsel mit kühlerem Wasser und das Hochklappen der beiden Abdeckungsdeckel.
Zu einem Lüfter konnte ich mich aufgrund der potentiellen Lüftergeräusche nicht durchringen. Hauptsächlich wende ich die Fensterverdunklung an (automatisches Jalousie mit Sensor) und das Hochklappen der beiden Abdeckungsklappen an. Vorteil der automatischen Jalousie ist, dass es nicht nur mein Aquarium vor Überhitzung schützt, sondern auch ich es im Sommer angenehm kühl habe. Sozusagen, die berühmten zwei Fliegen mit einer Klappe bzw. Jalousie 🙂
Die Wassertemperatur sollte möglichst die 28 Grad Marke nicht dauerhaft überschreiten. Ab spätestens dieser Temperatur muss zügig über Maßnahmen nachgedacht und diese umgesetzt werden. Zu hohe Wassertemperaturen im Meerwasseraquarium führen im schlimmsten Fall zur sogenannten Korallenbleiche und im Ernstfall zum Absterben einiger Korallen und anderer Tiere, wobei nicht alle Tiere gleich Temperatur empfindlich sind.
Mein 120 l Aquarium hatte sich recht gut entwickelt. Ich konnte eine Menge Erfahrungen sammeln und aus Fehlern lernen. Die Gesamtkosten für den Start hielten sich in Grenzen. Die nachfolgenden Fotos und das Video zeigen mein Aquarium, wie es 2013 aussah. 2014 habe ich mir ein etwas größeres 180 l Aquarium eingerichtet und das alte Becken abgebaut.
Und wenn euch meine Ausführungen nicht zu langweilig waren, könnt ihr gern weiter im Artikel „180 l Aquarium“ in der Rubrik Wissenswertes lesen, wie es weiter geht.